Armut bekämpfen, statt Menschen vertreiben!

Die Ratsfraktion Die Linke Bielefeld betrachtet den Antrag von CDU und FDP weniger als eine Auseinandersetzung mit der objektiven Realität der Innenstadt, sondern vielmehr als Teil des Kommunalwahlkampfes. Wir halten es moralisch und ethisch für fragwürdig, “Betteln” in einem Antrag zu Sauberkeit und Sicherheit zu thematisieren. Dies diskriminiert die betroffenen Menschen und wird ihrer Lebenssituation nicht gerecht. Es ist beschämend, dass wir uns als eines der reichsten Länder der Welt überhaupt mit dem Thema „Betteln" befassen müssen. Offenbar greifen die sozialen Hilfesysteme nicht ausreichend – selbst in Bielefeld nicht, obwohl hier ein vergleichsweise breites Unterstützungsangebot für verschiedene Lebenssituationen existiert.

Grundsätzlich ist Betteln ein aus der Menschenwürde ableitbares Recht, um auf die eigene Not aufmerksam zu machen. Die Gründe für das Betteln sind vielfältig und reichen von Drogen- und Alkoholsucht über wirtschaftliche Not, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit bis hin zu psychischen Erkrankungen, Einsamkeit und dem Verlust des sozialen Umfelds.

Ein Bettelverbot wäre keine Lösung, sondern lediglich eine Verdrängung des Problems aus dem öffentlichen Raum. Armut verschwindet nicht durch ein Verbot, sondern muss sozialpolitisch bekämpft werden. Statt Menschen zu kriminalisieren, sollte die Politik verstärkt auf Maßnahmen wie Sozialarbeit, Wohnungsangebote und Suchtprävention setzen.

Zudem führt ein Verbot nur dazu, dass bettelnde Menschen in andere Stadtteile oder Nachbarstädte ausweichen – das Problem wird nicht gelöst, sondern lediglich verlagert. Es stellt sich auch die Frage der Abgrenzung: Wann genau gilt jemand als „bettelnd"? Müssten dann auch Straßenmusiker:innen bestraft werden?

Viele Betroffene haben keine Alternative. Ein Verbot würde sie noch weiter ins gesellschaftliche Abseits drängen, anstatt ihnen zu helfen.

Bielefeld gehört nicht zu den Städten, die ein ausgeprägtes Problem mit Betteln haben. Daher sollte der Fokus nicht auf Repression, sondern auf sozialer Unterstützung liegen.

Die Bielefelder Innenstadt ist mit dem Pkw über den Ostwestfalendamm direkt erreichbar. Kaum eine andere deutsche Großstadt bietet eine so gute Anbindung an ihr Zentrum. Dennoch hält sich das Narrativ einer „schlechten Erreichbarkeit" hartnäckig – mit negativen Folgen für die Stadt. Wer die aktuelle Lage beobachtet, sieht jedoch eine belebte Innenstadt. Von gravierenden Zugangsproblemen kann kaum die Rede sein.

Ein echter Schwachpunkt in der Verkehrsinfrastruktur ist jedoch das fehlende moderne S-Bahn-System. Neben Münster ist Bielefeld eine der letzten Großstädte ohne diese Form des Nahverkehrs. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf. Allerdings liegt die Verantwortung für entsprechende Maßnahmen beim Land, das bislang wenig Initiative zeigt. Auch der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) innerhalb der Stadt muss konsequenter vorangetrieben werden. Die Stadtbahnlinien sind zu kurz und sollten weiter ins Umland verlängert werden. Jahrzehntelang wurde hier zu wenig investiert, nicht zuletzt, weil Bielefeld lange unter einem Nothaushalt stand. Aktuell drohen aufgrund der angespannten Finanzlage sogar weitere Einschränkungen im ÖPNV. Um eine zukunftsfähige Mobilität sicherzustellen, müssen Bund und Land die Kommunen endlich besser finanziell unterstützen. Ein erster wichtiger Schritt ist die geplante Verlängerung der Linie 1 nach Sennestadt.

Auch das Thema Sicherheit bleibt ein wichtiger Aspekt für die Stadtentwicklung. Kürzlich wurde ein umfassendes Maßnahmenpaket verabschiedet, das unter anderem eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Bielefelder Polizei vorsieht. Nun gilt es, die Wirkung dieser Maßnahmen genau zu beobachten. Interessant ist hierbei, dass das Paket mit den Stimmen von CDU und FDP beschlossen wurde.

Ein oft unterschätztes, aber für viele Bürger:innen relevantes Problem ist das unzureichende Angebot an öffentlichen Toiletten. Trotz fast eines Dutzends politischer Beschlüsse gibt es in Bielefeld immer noch zu wenige öffentliche Sanitäranlagen. Die Verantwortung für die Umsetzung liegt seit Jahren bei der Stadtverwaltung, doch Fortschritte lassen auf sich warten.

Bielefeld steht in vielen Bereichen vor Herausforderungen – insbesondere beim ÖPNV und der städtischen Infrastruktur. Die Stadt hat das Potenzial, ihre Attraktivität weiter zu steigern. Dafür braucht es jedoch nachhaltige Investitionen und eine konsequente Umsetzung bestehender Beschlüsse.