Bielefeld blickt weiter in die Zukunft

Bernd Vollmer zur Einbringung des Doppelhaushalts 2025/2026 im Rat der Stadt Bielefeld:

 

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleg*innen und Gäste!

Aktuell wird wieder viel über Sparen, Schuldenbremse und Co. diskutiert. Dieser Blick hilft aber einer Stadt bei der Bewältigung der Zukunftsaufgaben und der Entwicklung einer Zukunftsvision nicht weiter. Die Stadt ist bisher gut durch die Corona-Krise und Energie-Krise als Folge des Ukraine-Konflikts gekommen. Es ist mit einer verantwortungsvollen Politik gelungen, Kassenkredite abzubauen und rund eine halbe Milliarde Euro an Rückstellungen zu bilden. Nicht alle wichtigen Linken Projekte konnten dabei umgesetzt werden, wie die finanzielle Absicherung der Anwendung von Tarifverträgen bei den Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen mit freien Trägern. Koalitionsarbeit braucht immer auch Kompromissbereitschaft, die sich im Haushaltsentwurf widerspiegelt.

In Zeiten, in denen es Zeichen für eine zukünftige schwierige wirtschaftliche Entwicklung gibt, ist es wichtig, dass Bielefeld seine Möglichkeiten ausschöpft, seine sozialen Leistungen weiterhin sichert und zudem in seine Zukunft investiert.

Beim Wohnungsbau ist die Stadt eindeutig weitergekommen, als allgemein wahrgenommen wird – die Einwohnerzahl tendiert in Richtung 355.000 und mehr. Bei den aktuell geplanten bzw. im Bau befindlichen Wohnungen ist ein deutliches Kontingent an geförderten, mithin bezahlbaren Wohnungen dabei. Im öffentlichen Nahverkehr gibt es ein günstiges Bi-Pass-Ticket für Bielefeld-Pass-Inhaber, im ÖPNV wurden die Takte der Busse nach Jöllenbeck verdichtet, weitere Gelder für Verbesserungen stehen im Haushalt und die Planungen für die Verlängerung der Linie 1 nach Sennestadt laufen weiter.

Die Menschen nehmen die aktuelle Situation mit spürbaren Preissteigerungen und einer unsicherer werdenden Wirtschaftslage als bedrohlich wahr. Auch aus der Wirtschaft kommen nicht unbedingt positive Signale. Gerade dann aber ist es wichtig, dass die Stadt weiter in die Zukunft investiert, dass die sozialen Leistungen bleiben, dass die Stadt für die Menschen ein zuverlässiger Dienstleister bleibt.

Das große Investitionsprogramm wird deshalb weiter konsequent abgearbeitet, im Bildungsbereich sind die notwendigen Beschlüsse für den Bildungscampus gefasst, die Modernisierung der Gesamtschule in Schildesche ist begonnen. Wobei man sich den dreistelligen Millionenbetrag hätte sparen können, wenn man vor gut 20 Jahren das Schulgebäude gründlich saniert hätte. Gesparte Reparaturen und Investitionen bedeuten in der Zukunft immer deutlich höhere Ausgaben.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass vom Bund bzw. Land beschlossene Gesetze, die nicht auskömmlich finanziert sind, regelmäßig Lücken aufweisen, die nicht durch kommunale Gelder geschlossen werden können.

Die von uns vorgeschlagene Prüfung der um ein Jahr verlängerten Nutzung von Tablets in den Schulen benachteiligt niemanden, entspricht den Erfahrungen der möglichen Nutzung technischer Komponenten und entspricht der Organisation der Schulen: Die Sekundarstufe dauert 6 Jahre, die Oberstufe 3 Jahre. Bei der großen Anzahl notwendiger Tablets an den Schulen, rund 40.000, lohnt zudem die Prüfung der kostengünstigen Abgabe nach der Laufzeit an die nutzenden Schülerinnen und Schüler.

Lassen Sie mich noch einige Anmerkungen zum Antrag der FDP machen. Wenn wir heute ein HSK-Konzept beschließen wollen, dann braucht man nur dem Antrag der FDP zu folgen. Die Reduzierung der Gewerbesteuer-Hebesätze bedeutet einen Einnahmeverlust in der Mittelfristplanung von etwa 70 Mio. Euro, die vorgeschlagenen Einsparungen stellen nur einen Bruchteil dieser Summe dar. Mithin muss man konstatieren, die FDP will mit Vollgas den Haushalt vor die Wand fahren. Damit würden ab sofort alle freiwilligen Ausgaben der Stadt wegfallen.

Eine Stadt braucht gutes und auch ausreichend Mitarbeiter. Die Stadt ist in den vergangenen 15 Jahren um etwa 20.000 Personen gewachsen, eine Reihe neuer Aufgaben sind hinzugekommen. Mit einer weiteren Steigerung der Einwohnerzahlen ist zu rechnen. Das alleine rechtfertigt schon zusätzliche Stellen und verbietet aktuell eine übertriebene Deckelung.

Außerdem bedeutet Digitalisierung nicht automatisch Stellenreduzierung. In einem ersten Schritt ist sogar mehr Personal notwendig, später ergibt sich eine Umschichtung. Geringer bezahlte Arbeitsplätze fallen weg, dafür entstehen zwar weniger, aber höher qualifizierte Stellen neu. Dabei ist beim Fachkräftemangel und beim altersmäßigen Ausscheiden schon heute damit zu rechnen, dass Arbeitsstellen nicht mehr besetzt werden können. Dazu gehören u. a. dringend benötigte IT-Arbeitskräfte. 

Wie die FDP bei Unternehmen erreichen möchte, dass die Kosten um 5 % reduziert werden und die Einsparungen der Stadt zugutekommen sollen, erschließt sich mir nicht. Die Sparkasse oder die BGW dazu zu verpflichten, Kosten einzusparen, geht an deren Aufgaben vorbei.

Genauso wenig praxistauglich ist der CDU-Vorschlag, Maßnahmen zu überprüfen, die nicht notwendig sind und wo neben den Fördermitteln Eigenmittel aufzubringen sind. Das bedeutet, dass in Zukunft keine neuen Projekte mehr in Angriff genommen werden, da in der Regel Projekte nicht erforderlich sind und immer Eigenmittel aufzubringen sind. Das hat nichts mit einer verantwortungsvollen, auf die Zukunft der Stadt ausgerichteten Politik zu tun.

Auf den fehlenden Zusammenhang von Gewerbesteuereinnahmen und neuen Gewerbegebieten hatte ich bereits vor einiger Zeit hingewiesen. Investitionen Bielefelder Unternehmen reduzieren zunächst für einen längeren Zeitraum durch mögliche Abschreibungen die Gewerbesteuer; Investitionen von Unternehmen, die nicht in Bielefeld ihren Sitz haben, sind in Bielefeld keine Gewerbesteuerzahler; neue Unternehmen, die mit ihrem Firmensitz nach Bielefeld kommen, sind ebenso für einen längeren Zeitraum wegen der Abschreibungsmöglichkeiten keine Gewerbesteuerzahler. Deswegen ist die Argumentation im Antrag der CDU falsch. Aufgrund der langen Abschreibungsfristen vor allem bei Gebäuden, aber auch großen Anlagen entsteht hier erst langfristig eine Wirkung. Außerdem gibt es bereits einen sehr differenzierten Auftrag an die Verwaltung, zu prüfen, wie Flächen für die Wirtschaft weiterzuentwickeln sind.

Die Anträge von FDP und CDU sind weder angemessen noch zielführend und deshalb abzulehnen. Der jetzige Haushalt ist in seiner Ausgestaltung an die aktuellen Bedingungen angepasst und nutzt die Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt aus. Er gibt der Bielefelder Stadtgesellschaft eine Zukunftsperspektive für die nächsten Jahre."