DIE LINKE lehnt Haushaltsentwurf ab

Auf der Ratssitzung am 6. Dezember 2018 hat die Ratsfraktion DIE LINKE den städtischen Haushaltsplan für das Jahr 2020 abgelehnt. Barbara Schmidt, Fraktionsvorsitzende der LINKEN begründete dies in Ihrer Rede.

Meine Damen und Herren,

Langsam kommt Erleichterung auf, wenn es um städtische Finanzen geht. Seit zwei Jahren positive Jahresabschlüsse, zum Teil in zweistelliger Millionenhöhe. Auch in diesem Jahr voraussichtlich ein Plus im laufenden Geschäft und nun auch in der Planung ein ausgeglichener Haushalt für 2020 in Sicht.

Die Ursache für diese positive Haushaltsentwicklung liegt vor allem in steigenden Steuereinnahmen. Sie machen auch deutlich, woraus sich die Stadt mit ihren vielfältigen Aufgaben finanziert. Schulen, Kitas, Bürgerberatung, Theater und Kultur, soziale Einrichtungen und Beratung sind darauf angewiesen, dass Steuern gezahlt werden. Dort, wo unsere Infrastruktur zu besonders hohen Gewinnen beiträgt, sollten auch höhere Steuern festgelegt werden. Sie wissen wovon ich rede: von unserem Antrag zum Gewerbesteuerhebesatz. Nach 15 Jahren Investitionsstau brauchen wir trotz der gestiegenen Steuereinnahmen noch mehr Einnahmen für Sanierungen und zur Schaffung von Wohnraum.

Immerhin können wir in diesem Jahr ein paar Meilensteine für eine positive Personalpolitik verzeichnen: Endlich wurden die Kettenbefristungen von Erzieher*innen in den Kitas beendet und die Kolleg*innen fest eingestellt. Die Kollegen aus dem Wertstoffrecycling, die bisher weniger als ihre Kollegen im Umweltbetrieb verdienten, wurden übernommen und werden jetzt nach den Tarifen des öffentlichen Dienstes bezahlt. Schließlich geht es auch bei der Eingruppierung der Reinigungskräfte der Stadt voran. Jetzt müssen noch die Reinigungskräfte, die als prekär Beschäftigte bei privaten Firmen städtische Gebäude sauber halten, wieder in den öffentlichen Dienst geholt werden.

Meine Damen und Herren,

Der Personalabbau der letzten fünfzehn Jahre ist nicht ohne Folgen für die Leistungen der Stadt geblieben. Allein von 2016 bis 2020 sind beispielsweise im Bau- und Planungsbereich der Stadt Stellen im Umfang von rund 550.000 Euro gekürzt worden.

Dabei ist Bielefeld eine wachsende Stadt, die dringend Fachpersonal für die Bearbeitung von Planungsaufgaben benötigt.

Immer mehr planerische Aufgaben müssen wegen Personalmangel fremdvergeben werden. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass noch 40-50 Prozent eigener Bearbeitungskapazitäten nötig sind, um die Fremdleistungen vor- und nachzubereiten. So wundert es nicht, wenn viele Aufgaben nicht oder nur langsam voran kommen.

Meine Damen und Herren,

Die Wohnungsfrage wird immer mehr zur zentralen sozialen Frage, besonders in wachsenden Städten wie Bielefeld.

Wohnen ist existenziell. Für viele Menschen in unserer Stadt wird Wohnen zunehmend zu einer existenziellen Not. Fehlender Wohnraum und steigende Mieten sorgen dafür, dass viele Menschen immer größere Anteile ihres Einkommens für Miete aufbringen müssen. Von 42 000 Sozialwohnungen, die Bielefeld noch in den 80er Jahren hatte, sind gerade 12 000 übriggeblieben.

Vor drei Jahren hatten wir beantragt, dass die Stadt dafür sorgen soll, jährlich 1000 bezahlbare Wohnungen zu bauen. Über 10 000 Menschen haben in einem Bürgerantrag die Forderung nach städtischem Wohnungsbau unterstützt. Wir brauchen bezahlbare Wohnungen, und die schaffen weder der Markt noch private Wohnungsbauer. Es ist eine Frage der Daseinsvorsorge, wenn die Stadt selbst für Wohnungen sorgt. Und selbst die 25-Prozent-Regelung wird auch nicht das an Wohnraum schaffen können, was wirklich gebraucht wird.
Die Stadt hat mit der BGW eine städtische Tochter, deren Aufgabe es ist, bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Das reicht aber aktuell bei weitem nicht aus, um auch nur ansatzweise den Bedarf zu decken. Statt die BGW in der Verstärkung des Wohnungsbaus zu unterstützen lässt sich die Stadtkasse aus den Überschüssen Gelder überweisen - auf politischen Beschluss der Mehrheitsfraktionen. Das ist widersinnig und muss sofort beendet werden.

Was mit Wohnraum passiert, wenn er privatisiert und Profitinteresse unterworfen wird, können wir gerade live erleben: Vonovia und die vor 10 Jahren von CDU und FDP privatisierte LEG haben in Bielefeld knapp 8000 Wohnungen. Diese Wohnungen sind in der Regel vor 40-50 Jahren als staatlich geförderte Sozialwohnungen entstanden. Noch heute wohnen dort vor allem Menschen, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind.
Und genau hier rollt gerade eine Welle von Mieterhöhungen heran: Die Bundestagsmehrheit von CDU und SPD hatte gerade die Umlagemöglichkeit für Modernisierung von Wohnungen etwas reduziert. Das wird aber kaum Wirkung zeigen. Bis Ende des Jahres angekündigte Modernisierungen können aber nach alter Regel umgesetzt werden. Ein „wunderbares" Feld, aus der Not von Vielen Gewinne für die Aktionäre zu machen: es trifft die Menschen in unserer Stadt, die es sich am wenigsten leisten können. Über die Transferleistungen wird es auch die Stadt selber treffen.

So flattern gerade vielen Mieter*innen die Modernisierungsankündigungen ins Haus, wie beispielsweise in der Siedlung am alten Dreisch. Dort sollen sich die Mieten mit der Sanierung praktisch verdoppeln. Eine Mieterin formuliert es so: „Es sind doch Gesetze, die uns eigentlich schützen sollen."
Wir fordern deshalb: Die Stadt muss den Mieter*innen Schutz bieten - auch im eigenen Interesse.

Meine Damen und Herren,

Monatlich über 70 Euro müssen Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften immer noch zu Unrecht aus ihrem Regelsatz zur Miete zu zahlen. Auch Empfänger*innen von Grundsicherung im Alter und Sozialhilfe sind betroffen. Noch auf der Ratssitzung im September haben Sie es abgelehnt, vorenthaltene Gelder für die Mieten freiwillig zu erstatten. Wenn ich dann auf Bundesebene die Reden von SPD- und Grünen- Politikern zur Hartz IV - Abkehr höre, frage ich mich, ob ernst das gemeint ist: Vor Ort wird gleichzeitig noch nicht einmal der Versuch unternommen, Unrecht wieder gut zu machen.

Jetzt müssen zur Miete zuzahlende Bedarfsgemeinschaften erst einen sogenannten Überprüfungsantrag stellen, um individuell eine Nachzahlung ab 1.1.2017 durchzusetzen. Unsere Erfahrung zeigt: wer einen Antrag stellt, der bekommt auch seine Nachzahlung! Wir haben inzwischen ca. 2.000 Überprüfungsanträge mit positiver Resonanz verteilt. Viele Menschen verstehen aber die komplizierte Rechtslage nicht und können selbst keinen Antrag stellen. Darum fordern wir weiter, dass die Verwaltung allen Betroffenen die Gelder von sich aus nachzahlt! Das wäre das Mindeste, wenn Sie schon nicht das ganze Unrecht aufheben wollen und die Gelder ab dem Bundessozialgerichts-Urteil 2009 nachzahlen wollen.


Hier sind Anträge der LINKEN zum Haushalt - sie wurden von den anderen Fraktionen mehrheitlich abgelehnt: